Das Tarran T1 Pro ist der Tesla unter den Lastenrädern

Was passiert, wenn nicht Fahrrad-Ingenieure ein Lastenrad entwickeln, sondern wesentliche Einflüsse aus der Welt der Kameras, Drohnen und KI kommen? Bei Tarran ist genau das passiert und somit bringen sie ein Rad auf den Markt, dass ein echter Technologieträger sein soll, aber auch im Alltag überzeugen will. Wir sind es 8 Wochen gefahren.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Hier gehts zur Score-Übersicht.

Und hier zu der Erklärung der Bewertung.

Fahrrad Kategorie

Fahrverhalten: 4/5

Puh, ein schweres Rad! 60kg gibt Tarran selbst an, aber unser Testrad bringt es mit all der Ausstattung auf knapp unter 80kg. Ziemlich viel Gewicht für so ein kleines Rad aber das gute ist: Sobald es fährt, ist davon wenig zu spüren. Der kräftige Mittelmotor schiebt mit seinen 100Nm und 750W Maximalleistung das Rad ziemlich vehement vorwärts, besonders wenn die Anfahrhilfe eingeschaltet ist, und bleibt dabei auffallend leise. Nur die fummelige Enviolo Schaltung bremst ein wenig den Vortrieb, sowie die 25km/h Begrenzung natürlich. Auf Reisegeschwindigkeit rollt das Tarran dann dank der Vollfederung stoisch über jede Unebenheit und lässt sich auch von stärkeren Schlägen nicht irritieren. Die Lenkung hat dabei eine angenehme Schwere.

Das Tarran ist eher ein Cruiser als ein Racer, was auch an der ziemlich aufrechten Sitzposition liegt, die Menschen unter 1,80m einnehmen.

Innovation/Design: 4/5
Tarran hat sich die Profis von Kiska Design ins Boot geholt, um das T1 Pro zu designed. Das Ergebnis spaltet die Gemüter, denn einerseits ist ein sehr geradliniges Design entstanden, das auch Elemente aus modernem Automobildesign aufgreift, auf der anderen Seite sind ein paar Praktikabilitäts-Punkte dem Design untergeordnet worden. Alle Elemente sind jedoch gekonnt in das Design integriert worden, wozu auch das Regenverdeck gehört, das die Gesamtform gelungen abrundet. Gut ist, dass alle Fahrrad-relevanten Elemente, die einem gewissen Verschleiß ausgesetzt sind, oder verstellt werden müssen weiterhin gut erreichbar sind.
Die Idee der Landing Gears ist komplett neu und eine geniale Möglichkeit, die Nutzung eines so schweren Lastenrads im Alltag zu erleichtern.
In Sachen Innovation geht Tarran einen komplett eigenen Weg. Anstatt sich auf das System eines Motorenherstellers einzustellen, entwickeln sie in Kooperation einen Motor selbst weiter und passen ihn ans Tarran System an. Leider wurde in diesem Zuge aber versäumt, einen gängigen Ladesteckerstandard zu etablieren. Darüber hinaus entwickeln sie Tarran OS, ein Betriebssystem für ihr Bike, das alle Elemente in ein System integriert und sich mit nur einer Bedieneinheit steuern lässt. Smartphone Verbindung und App via Bluetooth inbegriffen. Dadurch können sie das NutzerInnen Erlebnis selbst stark beeinflussen und kurzfristig anpassen. Das OS lässt sich gut bedienen und ist nach etwas Eingewöhnung auch hinreichend intuitiv. Was Tarran natürlich sicherstellen muss ist, dass das Back-End und die Software auf lange Sicht unterstützt wird, um ein zweites VanMoof zu verhindern.
Auffällig war, dass das Rad trotz der im Hintergrund laufenden Technik nur einen sehr geringen Standverbrauch hat. Im Alltag würde ich dennoch eher auf die Doppelakku Variante zurückgreifen, um einen Akku separat laden zu können.

Ausstattung: 4/5
Das Tarran T1 Pro bietet eine fast komplett hochwertige Ausstattung bis in die Kleinigkeiten, wie Griffe, Sattel und Pedale. Die Variostütze, zwei USB-C Anschlüsse, Induktive Ladestation sowie Radar und Kamera hinten runden das Gesamtbild ab und würden auch anderen großen Lastenrädern gut stehen. Das I-Tüpfelchen wäre noch eine automatische Schaltung, die aber in Planung ist. Nur mit der Suntour Mobie 32 Federgabel tut Tarran sich keinen Gefallen. Die ist längst nicht so leistungsfähig und langlebig wie die Nachfolgerin. Mit den beiden Akkus kam eine Reichweite in unserem Nutzungszenario von gut 70km zustande. Auffällig war, dass das Rad trotz der im Hintergrund laufenden Technik nur einen sehr geringen Standverbrauch hat. Im Alltag würde ich dennoch eher auf die Doppelakku Variante zurückgreifen, um einen Akku separat laden zu können.

Preis: 5/5
Ja, mit 6.999€ UVP in der Basisausstattung ist das Tarran T1 Pro kein Schnäppchen, für die Ausstattung aber gnadenlos kompetetiv eingepreist. Andere Räder in dem Preisbereich zwischen 7.000€ und 8.500€ bieten meist nicht einmal Ansatzweise diese Ausstattung.

Qualität: 4/5
Der Qualitätseindruck des Tarran T1 Pro ist sehr gelungen. Die Schweißnähte, Lackierung, Kunststoffteile und Montage sind sehr gut und ohne Beanstandung. Dank des Riemens und der gekapselten Lenkung sind auch im Alltag keine größeren Wartungsarbeiten vonnöten. Tarran arbeitet auch hart daran, das Händlernetz möglichst schnell aufzubauen und hat bereits in allen größeren Städten Partner für Verkauf und Wartung.
Das einzige Fragezeichen ist bei der Langhaltbarkeit der Landing Gears, besonders im Winter und bei dreckigen und nassen Straßen. Diese sind unterhalb der Box relativ ungeschützt und können bei ungünstigen Kanten oder Kurven aufschlagen.

Lastenrad Kategorie 

Variabilität: 3/5
Wie bei dem Design erwähnt, wurden ein paar Punkte bei der Variabilität liegen gelassen. Die Box ist mit 60kg belastbar und fasst ohne Kindersitze auch Euroboxen in der Länge, die Kindersitze sind aber fest montiert und nehmen viel Platz in der Box ein. Das Gesamtgewicht von 220kg klingt großzügig, allerdings ist das Rad in der getesteten Ausstattung mit 80kg auch sehr schwer, sodass nicht viel Belastungskapazität übrig bleibt. Verzurrösen sucht man in dem Rad vergeblich, es wäre aber möglich, die Anschraubpunkte für Haken oder Ösen zu nutzen.
Der Gepäckträger eignet sich für Körbe, allerdings nicht für Packtaschen und die Montage von Anhängerkupplungen ist nicht vorgesehen.

Sitze/Bank: 3/5 
Die Polster der Sitzbank sind gut und das Material sehr widerstandsfähig. Von der Breite ist es ebenfalls großzügig, nur die Höhe der Rückenlehne könnte größer sein. Hier gibt es nur mit Optionalem Regenverdeck auch eine Art Kopfstütze. Die Kindersitzbank des Tarran T1 Pro sitzt verhältnismäßig hoch in der Box und Kinder sitzen dadurch ziemlich frei in der Box. Die Knie sind etwa in einer Höhe mit dem oberen Boxrahmen und Oberkörper und Schultern sind recht ungeschützt. Auch hier verringern Regenverdeck und Kragen diesen Effekt, aber insgesamt wäre eine etwas niedrigere Sitzbank mit mehr Fußraum wünschenswert. Der Anschnallvorgang und die Bequemlichkeit der Gurte sind jedoch gut. Babys können im Tarran T1 Pro nicht mitgenommen werden und auch für größere Kinder ab etwa 6 Jahren wird der Platz ziemlich knapp.

Zubehör: 4/5
Tarran bietet schon zum Start ein umfassendes Zubehörprogramm an. Die Teile sind gut verarbeitet und fair eingepreist und bieten nette Details um Kleinigkeiten zu verstauen. Das Regenverdeck sitzt sehr gut auf der Box, ist aber in der Höhe ziemlich eingeschränkt. Flaschenhalterösen und Aufnahmen für Speichenschloss runden den guten Eindruck ab, nur Babyschalenhalterung und eine Möglichkeit für Packtaschen sind noch wünschenswert.

Parken und Rangieren: 4/5
Kein anderes Long John Lastenrad lässt sich so einfach parken…wenn man sich an die Abläufe gewöhnt hat. Der elektrische Ständer ist ein echter Gamechanger, der gerade für kleinere und leichtere Personen die Anwendung wirklich erleichtert. Allerdings ist es auch nicht so schnell wie ein klassischer Ständer. Das Rad muss immer eingeschaltet werden, um den Ständer zu bedienen. In der Roll-Position steht das Rad ebenfalls sicher, braucht aber einen glatten, ebenen Untergrund, um einfach geschoben werden zu können. Wobei man dank des hohen Eigengewichts oft froh ist über die Schiebehilfe.
Ist ein Parkplatz gefunden ist es einfach, ein Schloss durch den Rahmen zu ziehen und die Aufnahme für ein Speichenschloss ist ebenfalls sinnvoll.

Sicherheit: 4/5
Das Tarran T1 Pro bietet vieles an Sicherheitsausstattung, die es für moderne E-Lastenräder gibt. Von Nah- und Fernlicht, über Bremslicht bis hin zu Radar und Kameras. Das ist wirklich üppig. Auf ABS muss man allerdings aktuell verzichten, wir haben jedoch die Erfahrung gemacht, dass das Bremsverhalten dank der schlauen Gewichtsverteilung auch bei Regen oder losen Untergründen komplett sicher ist. An den Ständer und die Bedienung muss man sich allerdings stark gewöhnen, gerade wenn man die Vorteile der Rollen nutzen möchte. Die können jedoch auch, je nach Untergrund, für den einen oder anderen Schreckmoment sorgen, falls sie zum Beispiel nicht eingefahren sind und man eine Kante überfahren muss.
Die Sicherheit für Kinder ist insgesamt in Ordnung, nur sitzen sie ohne Regenverdeck recht hoch und ungeschützt in der Box, was auch während der Fahrt den Schwerpunkt erhöht.

Gesamtscore: 39/50

Fazit:

Der „Tesla unter den Lastenrädern“ sage ich dem Video zum Tarran T1 Pro. Es ist nicht alles perfekt, aber Tarran ist komplett neu in dem Feld und hat mit einem frischen Blick von Außen viele sehr spannende Ideen eingebracht. Der Lasten-Aspekt des Lastenrads kommt etwas kurz, hier wäre eine bessere Raumausnutzung oder eine größere Gesamtlänge für eine etwas längere Box noch sinnvoll gewesen. Allerdings hat Tarran noch viel vor und ich denke, sie haben eine große Chance, sich mit smarten und gut gemachten Bikes zu etablieren.

* Tarran hat uns das Rad zur Verfügung gestellt und bezahlt mich für die Erstellung der Videos. Auf meine Meinungsäußerung, die Gestaltung meiner Videos und die Erstellung dieser Bewertung hat dies keinen Einfluss. Ich bin herstellerneutral.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert