Das Tenways Cargo One will Premium Design und spannende Features zu einem echten Kampfpreis bieten. Wir konnten das Rad mehrere Monate vor dem Verkaufsstart testen und haben viele gute Dinge entdeckt. Allerdings muss man bei dem neuen Tenways Lastenrad auch mit Kompromissen leben. In diesem Artikel bewerten wir das Rad anhand der Radelbande Bewertungsmatrix.
Hier gehts zur Score-Übersicht.
Und hier zu der Erklärung der Bewertung.
Fahrrad Kategorie
Fahrverhalten: 4/5
Dank des starken Motors bietet das Tenways Cargo One eine gute Beschleunigung, selbst im beladenen Zustand. Auch bei niedrigen Trittfrequenzen liegt ein hohes Drehmoment an, sodass auch langsam Tretende auf ihre Kosten kommen. Die Übersetzung passt ebenfalls zu dieser Auslegung. Sowohl bei niedrigen Geschwindigkeiten, als auch bei 25km/h sind angenehme Trittfrequenzen möglich.
Sowohl kleine als auch große Menschen haben eine aufrechte Sitzposition. Das Tenways empfiehlt sich daher eher zum entspannten Cruisen, als zum Kurvenräubern. Das geht mit dem Rad zwar auch, allerdings fühlt sich die Lenkung sehr leichtgängig an, das irritiert im Vergleich zu anderen Long John Lastenrädern. Ebenfalls hat sich Tenways für eine 1:1 Lenkübersetzung entschieden, was dazu führt, dass der Lenker besonders beim starken Einschlagen sehr nahe an den Oberkörper kommt.
Die Federgabel kann Unebenheiten gut schlucken und gerät erst bei starken Kanten an ihre Grenzen. Insgesamt fährt sich das Rad sehr ähnlich zu den diversen anderen Dutch-Style Long John Lastenrädern, mit dem Vorteil des potenten Motors.
Innovation/Design: 4/5
Das Design des Tenways ist eindeutig inspiriert von anderen Long Johns dieser Machart. Merkmale vom Carqon Cruise sind ebenso erkennbar, wie vom Lovens Explorer und Urban Arrow. Die Designsprache von Tenways ist höchstens durch den Doppelscheinwerfer und die deutlich hervorstechenden Tenways Schriftzüge erkennbar. Dennoch ist es ein in sich geschlossenes und gefälliges Design, das keine Experimente macht. Die Tagfahrleuchten mit den eingebauten Blinkern sind wiederum ein deutlicher Schritt nach vorne, besonders bei Dunkelheit. Die Lichtsignatur ist auch von weitem sehr gut erkennbar und die Blinker sind einfach in der Bedienung. Die Positionsleuchten und Blinker haben allerdings keine offizielle Zulassung.
Konstruktiv besteht das Tenways Cargo One aus zwei Teilen, die beim Aufbau miteinander verschraubt werden. Das Ausfallende sitzt auf einem Schlitten, um den Riemen spannen zu können und es ist keine Rahmenöffnung notwendig. Zusätzlich wird hier die Steckachs-Version der Enviolo verwendet, was wir ansonsten bislang nur beim Ca Go FS200 gesehen haben. Mit knapp 60kg Eigengewicht ist das Tenways Cargo One erstaunlich schwer.
Die App hat zum Testzeitpunkt nicht mit dem Cargo One funktioniert, aber verspricht viele Möglichkeiten zur Anpassung und um Updates auf das Rad zu spielen.
Ausstattung: 4/5
Alle Teile beim Tenways Cargo One sind eine Stufe besser, als man es angesichts des Preises erwarten würde. Der riesige Akku hat für Reichweiten um 60km in der höchsten Stufe gereicht, allerdings auch bei teilweise deutlichen Minusgraden. Die Kontaktpunkte fassen sich gut an und Enviolo, Riemen sowie die starke Cargo-Bike-Bremse bieten manche Räder nicht, die mit der Ausstattungs deutlich mehr kosten. Die Federsattelstütze ist in diesem Rad fehl am Platze. Hier würde eine Parallelogramm-Federstütze mehr Sinn ergeben und die verbaute Stütze ist für große Leute über 1,90 auch zu kurz. Scheinwerfer und Rückleuchte könnten gerne etwas besser sein, gehen aber angesichts des Preises in Ordnung.
Preis: 5/5
4.999€ sind für ein vollausgestattetes Long-John-Lastenrad ein enorm guter Preis. Es gibt zwar einige Räder, die ebenfalls unter 5.000€ in der Grundausstattung kosten, jedoch muss man bei denen oft die Kindersitze und Verdeck dazu bestellen und sie kommen in dem Preisbereich auch eher mit Kettenschaltung. Nur wenige Long Johns kosten weniger als das Tenways Cargo One und bieten auch nur annähernd die Ausstattung.
Qualität & Wartung: 4/5
Das Tenways Cargo One bietet eine gute Verarbeitung des Rahmens bis zu den Schweißnähten auf der Ladefläche unter der EPP Box. Bei den sichtbaren Rahmenteilen setzt Tenways auf fließende Übergänge und eine sehr widerstandsfähige Beschichtung. Bei der Montage des Kunststoff-Rahmens auf der EPP Box sind dann größere Spalten zu sehen und die Box knarzt während der Fahrt, dies ließe sich aber mit entsprechender Sorgfalt bei der Montage und kleinen Anpassungen reduzieren.
Vom Wartungsaufwand kann man sich beim Tenways Cargo One enspannt zurücklehnen. Riemen und Enviolo versprechen eine hohe Langlebigkeit bei geringem Aufwand und auch die Bremse mit ihren extra dicken Scheiben und Belägen sollte im Alltagsbetrieb selten nach Aufmerksamkeit verlangen. Lediglich die SR Suntour Mobie 32 Gabel sollte man im Auge behalten und regelmäßig pflegen, besonders in den Wintermonaten.
Tenways hat ein wachsendes Händlernetz, aber bei Problemen mit dem Motor oder dem Akku kann es dennoch sein, dass der nächste Service-Punkt recht weit weg ist. Bafang ist auch nicht so weit verbreitet wie Bosch und Tenways nutzt leider einen proprietären Akku.
Insgesamt ist das Tenways Cargo One ein tauglicher täglicher Begleiter, um den man sich kaum Gedanken machen muss.
Familienbike Kategorie
Variabilität: 2/5
Haupteinsatzzweck des Tenways Cargo One ist die Mitnahme maximal zweier Kinder. Das ist bei der Gestaltung der Box deutlich erkennbar. Die Sitzbank lässt sich zwar leicht entnehmen, dann bietet die Box viel Platz, aber gerade so nicht für eine 60x40cm Eurobox. Diese ließe sich nur mitnehmen, wenn die ganze Box entfernt wird, was verhältnismäßig einfach möglich ist, aber sicherlich nicht dafür taugt, um es täglich zu machen. Die Öffnungen für die Trittstufe sind auf einer Ebene mit dem Box-Boden, was dazu führen kann, dass Dinge einfach herausfallen können. Mit 60kg Belastungskapazität in der Box ist es am unteren Ende der möglichen Belastung in Long John Cargobikes, die 250kg maximale Gesamtlast versprechen aber eine hohe Stabilität. Einen Gepäckträger bietet Tenways zum Marktstart nicht an und ein Anhänger ist ebenfalls nicht montierbar.
Sitze/Bank: 3/5
Die Sitzbank des Tenways Cargo besteht wie der Rest der Box aus EPP und ist leicht ausgeformt, aber nicht gepolstert. Nur das EPP bietet etwas Komfort. Die Kinder sitzen aufrecht und können ihre Beine gut anwinkeln, die Rückenlehne ist jedoch verhältnismäßig niedrig. Das heißt, ab der Mitte des Rückens aufwärts haben die Kinder keinen weiteren Support. Die Beine der Kinder müssen sich den Platz in der Box mit dem Gepäck teilen, das während der Fahrt leicht hin und her rutscht. Die Breite der Sitzbank ist klassenüblich. Mit dicken Winterklamotten wird es für zwei Kinder sehr kuschelig.
Die Gurte sind bei meinem Vorserien-Testrad eher für größere Kinder ausgelegt gewesen, beim Serienrad ist der Gurt des Anschlussstücks in der Länge verstellbar, sodass auch kleinere Kinder besser angegurtet werden können. Die Gurte sind sehr schön breit und die Schulterpolster sind komfortabel. Eine zweite Sitzbank, Babyschalenadapter oder die Möglichkeit, einen Kindersitz zu montieren, bietet das Tenways Cargo One nicht.
Zubehör: 2/5
Das Tenways Cargo One bietet schon einen Umfangreichen Lieferumfang. Alles, was man für den Alltag benötigt, ist bereits enthalten. Allerdings würde ich das Regenverdeck und das Werkzeugset schon als Zubehör betrachten. Da ein Tenways neben den Händlern auch einen Direktvertrieb hat, lässt sich das Rad auch direkt nach Hause bestellen, jedoch muss dann die recht umfangreiche Montage selbst durchgeführt werden. Dafür legt Tenways aber alles bei, was man braucht.
Das Regenverdeck ist das zweite große Zubehör und das hat uns nicht überzeugt. Der Prototyp, der unserem Testbike beilag, zeigte nach wenigen Auf- und Abbauten schon deutlichen Verschleiß, Tenways hat aber versichert, dass dies beim Serienmodell nicht der Fall sei. Schwerwiegender ist die äußerst umständliche Bedienung des Verdecks. Um Kinder hinein setzen zu können, oder es zu beladen, müssen immer drei Schritte durchgeführt werden: 1. lösen des Gurtes auf der Unterseite der Box, 2. durchfädeln des Gurtes durch den Schlitz auf der Oberseite der Box und 3. lösen bzw. befestigen des Kletts auf der Seite der Box. Diese Schritte sind viel zu aufwändig, um sie mehrere Male täglich, je nach Einsatzgebiet, durchzuführen. Das Serienverdeck soll besser auf dem Rad sitzen, was den Vorgang erleichtert, hat aber das selbe grundsätzliche Design unseres Testexemplars. Das ist im Alltag nicht im vollen Umfang praxistauglich.
Für die Box wären noch Unterteilungen für Rucksäcke oder die Möglichkeit gut, dass Kinder ihre Kleinigkeiten verstauen können. Ebenfalls wäre auf der Rückseite der Box noch genug Platz für kleine Taschen oder ähnliche Verstaumöglichkeiten fürs Smartphone o.ä. Ein Gepäckträger fehlt ebenfalls im Zubehörprogramm zum Start.
Parken und Rangieren: 3/5
Das Tenways Cargo One ist mit 2,70m Gesamtlänge und knapp 60kg Eigengewicht ein echter Brummer, es lässt sich aber dank der leichtgängigen Lenkung und des starken Lenkeinschlags einfach rangieren. Allerdings fehlt auf der hinteren Seite der Lenkung ein Einschlagsbegrenzer, was dazu führt, dass die Lenkung an den Anschlägen etwas unpräzise wird. Der Ständer lässt sich verhältnismäßig einfach verwenden, auch wenn das Rad beladen ist. Jedoch benötigt man zwingend einen festen, ebenen Untergrund, da die Füße des Ständers recht klein sind und der Ständer bei einem unebenen Untergrund leicht einklappt. Hier ist der Einklappwinkel etwas zu klein gewählt.
Das Anschließen des Tenways Cargo One gelingt dank des sich im Lieferumfang enthaltenen Speichenschlosses gut, aber auch mit einem externen Schloss gibt es genug Möglichkeiten, es anzuschließen.
Sicherheit: 3/5
Dank der aufrechten Sitzposition und der angenehmen Griffhaltung hat man einen guten Überblick, wenn man mit dem Tenways Cargo One unterwegs ist. Wenn man sich an die etwas nervöse Lenkung gewöhnt hat, gelingen Wendemanöver und enge Kehren einfach und sicher. Die Bremsen geben dabei ebenfalls viel Vertrauen. Der Scheinwerfer ist durchschnittlich, die Rückleuchte eher mickrig. Sie ist hell, aber klein und sitzt weit unten. Auf Fernlicht oder Bremslicht muss man beim Tenways Cargo One verzichten. Alle StVO relevanten Reflektoren sind enthalten und das Tenways Logo strahlt noch zurück, wenn das Rad von der Seite angeleuchtet wird. Die Positionslichter mit den Blinkern sind unseres Erachtens ein echtes Sicherheitsplus, allerdings wäre es noch besser, wenn die Blinker auch von hinten zu sehen wären.
Kinder sitzen im Tenways etwas auf dem Präsentierteller. Eine etwas niedrigere Bank und niedrigerer Box-Boden würde den Schwerpunkt weiter nach unten setzen und die Schulterlinie erhöhen. Da der obere Rahmen aus Kunststoff ist, bietet er auch keinen zusätzlichen Schutz. Die Auslegung der Gurte allerdings ist deutlich besser als bei den meisten anderen Lastenrädern.
Gesamtscore: 37/50
Fazit:
Tenways startet mit dem Cargo One in einen hart umkämpften Markt, in dem sich bereits viele Andere tummeln. Von den eher einfachen Babboe City Modellen bis zu den High-End Long Johns, wie Ca Go FS200 gibt es für beinahe jedes Portmonee etwas. Das Cargo One füllt dennoch eine Lücke, denn Räder, die 2020/2021 noch 5.000-5.500€ mit etwas Ausstattung gekosten haben, kosten nun 6.500-7.500€. Da kommt das Tenways mit einem echten Kampfpreis und nur wenig Kompromissen. Diese Kompromisse lassen erkennen, dass Tenways bislang nicht im Lastenrad Bereich aktiv war. Dementsprechend kann das Bike in der „Fahrrad“ Kategorie auch echt überzeugen, lässt dann aber bei der „Lastenrad“ Kategorie Federn. Trotzdem haben sie ein beeindruckendes Gesamtpaket geschnürt, das nicht vermuten lässt, dass es sich hier um ein „günstiges“ Lastenrad handelt.
Wenn ihr auf der Suche nach einem großen Familienrad seid, guckt euch auf jeden Fall das Rad einmal an und fahrt es probe, besonders dann, wenn euer Budget limitiert ist.
* Tenways hat mir das Rad zur Verfügung gestellt und unterstützte mich für die Erstellung des Videos. Auf meine Meinungsäußerung, die Gestaltung meines Videos und die Erstellung dieser Bewertung hat dies keinen Einfluss. Ich bin herstellerneutral.