Douze Cycles sind einer der älteren Vertreter im modernen Lastenrad-Markt. Schon 2012 kam deren erstes Rad auf den Markt und hatte einige spannende Details, wie die Seilzuglenkung und die Möglichkeit, es zu teilen. Nun ist das größte Projekt der Franzosen auf dem Markt: Das neue Hêta. Dahinter verbirgt sich eine unübliche Produktionsmethode bei Fahrrädern, ein nachhaltiger Ansatz und ein Rad, das sich möglichst lange nutzen lässt!
Wir konnten das Rad ein paar Wochen im Alltag bewegen. Deswegen kommt hier die Bewertung nach der Radelbande Bewertungsmatrix.
Hier gehts zur Score-Übersicht.
Und hier zu der Erklärung der Bewertung.
Fahrrad Kategorie
Fahrverhalten: 4/5
Obwohl das Hêta mit 2,75m eines der längsten Long Johns ist, fährt es sich erstaunlich behände. Die gelungene Abstimmung der Lenkung und das nicht überbordende Leergewicht machen es möglich. Bei schnell gefahrenen Kurven ist der Grenzbereich gut spürbar und das Rad fühlt sich an, als wolle es noch selbstständig weiter einlenken. Das ist erst einmal ungewohnt, aber dann sehr spaßig und lässt sich sehr präzise bewegen. Es ist aber spürbar, wie die Enviolo den eigentlich deutlichen Druck des Motors dämpft. Dennoch ist es schnell auf 25km/h und kann auch beim Vergleichsberg mit knapp 15km/h eine gute Geschwindigkeit halten. Kanten nimmt das Hêta dank des langen Radstands unaufgeregt und auch Kopfsteinpflaster und Gravel-Passagen macht das Rad dank der Federgabel gut mit.
Die Sitzposition rangiert von recht sportlich bis gemütlich, wobei der gerade Lenker für kleine Personen zu weit weg sein könnte und die serienmäßige Sattelstütze für mich mit 1,96m zu kurz ist. Auf dem Sattel sind Vibrationen spürbar, aber nicht unangenehm und das ganze Rad fühlt sich ausgesprochen steif und stabil an.
Innovation/Design: 4/5
Auf den ersten Blick ist das Hêta just another Long John. Das Anthrazit unterstreicht diesen Punkt auch. Auf den zweiten Blick jedoch ist die schöne Rahmenform erkennbar und das Bestreben von Douze, eine große Langlebigkeit zu erreichen. Rahmenteile aus Druckguss-Aluminium, tauschbare Motoraufnahme und wenig proprietäre Teile sprechen dafür und dadurch werden natürlich auch Teile, wie zum Beispiel der Akku, nicht integriert, was für die Meisten allerdings sogar ein Vorteil sein dürfte. Das Hêta wird dadurch zu einem der langlebigsten Bikes in dem Bereich. Wie bei Douze üblich ist die Seilzuglenkung redundant ausgeführt und ist nun komplett versteckt, was das Rad optisch eleganter macht. Es ist schon ein imposantes Rad, allerdings wäre auch etwas Farbauswahl schön. In Sachen Konnektivität kann das Hêta von Werk aus nicht mithalten, denn das Display ist dafür zu einfach.
Ausstattung: 2/5
Bei der Ausstattung hat Douze eindeutig Kompromisse gemacht. Gates CDX Riemen und Kong OI Klingel sind die Highlights, Scheinwerfer und Rückleuchte sowie die Kontaktpunkte sind okay, aber die einfachen Shimano- und Enviolo Bedieneinheiten und der kleine Akku sind einem großen Lastenrad 2024 nicht angemessen. Der Akku ist bei der Version mit Enviolo auch kleiner als bei der 10-fach Di2 Kettenschaltung, was nur für Reichweiten um 25km in unserem Test ausreichte.
Preis: 3/5
Mit 5.990€ in der Basisausstattung und der 10-fach Kettenschaltung liegt das Douze Hêta im Bereich der Mitbewerber unterhalb der deutschen „Premium“-Long Johns, aber oberhalb von Urban Arrow, Carqon Cruise oder Cube Cargo Hybrid. Der Aufpreis zur Enviolo mit Riemen ist mit 350€ moderat, jedoch sind die Anbauteile für den Transport von Kindern verhältnismäßig teuer.
Qualität & Wartung: 4/5
Das Douze Hêta mit der Enviolo ist grundsätzlich sehr wartungsarm ausgelegt. Riemen und Enviolo versprechen eine lange Haltbarkeit bei wenig Pflege, allerdings fühlte sich beim Testrad der Enviolo Shifter etwas hakelig an. Das Vordere Schutzblech ist sehr kurz, sodass Wasser und Dreck gegen den hinteren Seilzugmechanismus gesprüht werden, was die Haltbarkeit beeinträchtigen könnte. Das Shimano System ist weit verbreitet und die meisten Händler haben entsprechendes Equipment, um Wartungsarbeiten durchzuführen. Die Douze Händlerdichte ist in Deutschland noch verhältnismäßig gering, es gibt aber Händler in den meisten großen Städten.
Bei der Verarbeitung gibt es nichts zu mäkeln. Beschichtung und Montage sind sehr gut und auch bei den EPP-Teilen kommt es während der Fahrt nicht zu Knarzgeräuschen.
Lastenrad Kategorie
Variabilität: 5/5
Mit 250kg zulässigem Gesamtgewicht ist das Douze Hêta vorne mit dabei und darf mit gebremsten Anhänger sogar 400kg auf die Waage bringen. Es gibt nur wenig Hersteller, die diese Werte freigeben. Die flache Ladefläche ist mit 850mm länge eine der größten im Long John Bereich und dementsprechend bietet auch die Box eine sehr große Kapazität. Das flexibel einsetzbare Boxcover, diverse Verzurrösen und der serienmäßige Gepäckträger vervollkommnen das Bild. Nur ein schneller Wechsel zwischen flacher Ladefläche und fester Box ist nicht vorgesehen.
Kindersitze/ Bank: 3/5
Durch die große und breite Box haben auch größere Kinder gut Platz, müssen allerdings ihre Beine weit nach vorne ausstrecken, da der Sitz sehr flach auf dem Boxboden liegt. Je nachdem, was noch transportiert werden muss gibt es dann Konfliktpotential in der Box. Die Gurte sind gut gepolstert, sind aber etwas sperrig in der Einstellung. Dafür sind die Kinder rundherum kuschelig eingepackt. Die Sitzpolster sind bequem und für einen größeren Komfort auch seitlich entlanggeführt. Durch diese Konstruktion sitzen die Kinder sehr tief in der Box und können mit ca. 3 Jahren gerade so herausgucken. Hier wäre eine höhere Sitzbank mit Kopfstützen gut, gerade für kleinere Kinder.
Zubehör: 2/5
Douze hat einen überschaubaren Konfigurator, in dem man sich das Rad auf die eigenen Bedürfnisse zurechtschneidern kann. Wenn ich nur das feste Boxcover bewerten müsste, wäre es eine glatte 5/5. Aber das nicht so richtig passende Regenverdeck, das fehlende Zubehör für Laderaumtrennung oder die fehlenden Anschraubpunkte ziehen die Bewertung wieder runter. Hier hat das Douze Hêta noch Potential.
Parken und Rangieren: 3/5
Wie schon vorher geschrieben, ist das Douze Hêta ein sehr großes Long John. Das macht das Handling im Alltag in so manchen Situationen zur Herausforderung. Durch den großen Lenkeinschlag kann es aber auf engstem Raum bewegt werden und folge auch präzise den Lenkbewegungen am Lenker. Am Lenkanschlag muss aber das Gleichgewicht sehr vorsichtig gehalten werden. Beim Abstellen kommt der Ständer nicht über ein Mittelmaß hinaus. Gerade mit beladener Box muss das Rad mit viel Kraft auf den Ständer gehievt werden. Dafür steht das Rad sehr sicher. Um es anzuschließen besteht die Möglichkeit, ein Speichenschloss am Gepäckträger zu montieren, was nicht die ideale Position ist, da sich dieser recht leicht abbauen lässt. Um den Rahmen fest anzuschließen stehen dann durch die Rahmenform keine Rohre zur verfügung, sondern ein entsprechend dimensioniertes Schloss muss um den Hauptrahmen geschlungen werden.
Sicherheit: 3/5
Erstaunlich leichtfüßig schwimmt es im Verkehr mit und lässt sich mit nur wenig Eingewöhnung sicher bewegen, selbst wenn es rutschiger wird. Durch die Lenkübersetzung ist es intuitiv und lässt die große Länge schnell vermissen und auch die Übersicht ist für ein großes Long John beispielhaft. Die Bremsen funktionieren zuverlässig, würden aber von breiteren Hebeln und einem etwas festeren Bremsgefühl profitieren. Ebenfalls profitieren würde das Rad durch eine bessere Beleuchtung. Scheinwerfer und Rücklicht sind ausreichend hell, müssen aber ohne Fernlicht und Bremslicht auskommen. Das Hêta bietet alle StVZO konformen Reflektoren, darüber hinaus aber nur welche auf dem Regenverdeck, die dafür besonders auffällig sind. Kinder werden in der Box von einem stabilen Rahmen und der stoßabsorbierenden EPP Hülle geschützt, allerdings wären einfacher verstellbare Gurte gut.
Gesamtscore: 33/50
Fazit:
Am Ende musste das Rad auf die Straße. Dieses Gefühl drängt sich auf, wenn das Rad im Alltag unterwegs ist. Die Basics hat das Hêta richtig gut drauf und kann einen hohen Nutzwert mit viel Fahrspaß verbinden. Im Detail gibt es aber noch Verbesserungsbedarf, gerade in Bezug auf die trockene Mitnahme von Kindern oder weiteres Zubehör. Wenn ihr aber eine fahraktive Alternative zu den Long John Platzhirschen sucht, dann fahrt das Hêta auf jeden Fall einmal probe.
*Douze Cycles hat mir das Rad zur Verfügung gestellt und das Video unterstützt. Auf unsere Meinungsäußerung, die Gestaltung der Videos und die Erstellung dieser Bewertung hat dies keinen Einfluss. Wir sind herstellerneutral.