Auf der Eurobike 2024 war es der heimliche Star! Ein Long John E-Lastenrad für unter 3.000€. Nicht ein Copy-Cat aus Fernost, sondern das Brainchild einer kleinen Micro-Mobility-Bude in Berlin…wie gut kann das Super Bicycles Super Mighty sein? Wir konnten es einige Wochen testen!
Hier gehts zur Score-Übersicht.
Und hier zu der Erklärung der Bewertung.
Fahrrad Kategorie
Fahrverhalten: 3/5
Durch die geringe Gesamtlänge des Super Mighty fährt es sich super aktiv und agil. Die Lenkung ist sehr leichtgängig, gleichzeitig ist das Bike aber auch so gut abgestimmt, dass es möglich ist, freihändig zu fahren. Nicht, dass ihr das tun solltet, es zeigt aber eine gelungene Lenkgeometrie. Dementsprechend leicht ist es manövrierbar, auch in eng gefahrenen Kurven. Der Motor hört sich an, wie eine U-Bahn und im Flachen geht es auch ähnlich gleichmäßig vorwärts, jedoch merkt man recht schnell, dass er nicht super viel Punch hat. Der Drehmomentsensor ermöglicht eine graduelle Kraftentfaltung, für die volle Unterstützungsleistung muss man aber recht kräftig in die Pedale treten, oder den Boost Knopf drücken. Die Übersetzungsbandbreite von 261% ist für die meisten Städte ausreichend, bei stärkeren Steigungen kommt das System aber schnell an seine Grenze.
Durch die kleinen Laufräder und den komplett starren Rahmen ist der Komfort eingeschränkt. Kopfsteinpflaster und leichte Vibrationen können die dicken Reifen recht gut herausfiltern, Kantsteine, auch abgesenkte, schlagen aber doch ziemlich stark durch.
Innovation/Design: 3/5
Kleine Long Johns sind keine neue Erfindung. Gerade in diesem Bereich sind in den letzten Jahren mehrere Bikes auf den Markt gekommen. Auch Bikes mit flacher Ladefläche finden sich zuhauf. Dennoch hat Super Bicycles es geschafft, dem Super Mighty eine ganz eigene Designsprache zu geben. Ist es die Farbe? Sind es die merkwürdig kleinen Laufräder? Auf jeden Fall zieht dieses Rad die Blicke auf sich!
Ebenfalls auffällig sind die vielen kleinen Detaillösungen. Sei es beim Zubehör oder der Ausstattung des Bikes. Sie haben sich viele Gedanken gemacht, um das Rad so langlebig wie möglich zu machen. Auf der einen Seite durch gängige Standards, Kompatibilität mit anderen Motoren und Dingen wie einem super kurzen Schaltkäfig oder dem Schutzbügel über dem Schaltwerk. Form follows Function äußert sich oft in einem plumpen Design, das Super Mighty zeigt das Gegenteil!
Wo diese Version nicht mithalten kann ist in Sachen Konnektivität. Es kommt hier nur ein ganz einfaches Display zum Einsatz, das neben der Geschwindigkeit noch den Akkustand und die Stufe anzeigen kann, ansonsten aber nichts weiter kann.
Ausstattung: 3/5
Die Ausstattung ist überraschend üppig. Der Akku ermöglicht Reichweiten zwischen 40 und 50km je nach Fahrprofil und Gewicht. Die Beleuchtung, besonders vorne, ist kräftig und die Kontaktpunkte fühlen sich allesamt gut an. Es sind keine Premiumteile, aber ähnliche Qualität findet sich auch an Rädern, die 2-3.000€ teurer sind.
Preis: 5/5
Mit unter 3.000€ in der Basis ist das Super Mighty ein sehr verlockendes Angebot. Sparfüchse, die bereit sind, auf einen Motor zu verzichten, sind sogar mit rund 2.300€ dabei. Hier unterbietet Super Bicycles quasi die komplette Konkurrenz und ermöglicht so einen recht niederschwefligen Einstieg ins Cargobike-Life.
Qualität/Wartung: 3/5
Die Rahmen- und Beschichtungsqualität ließen beim Testbike keine Wünsche offen. Alle Verbindungen sehen sauber verarbeitet und auch nach mehreren Fahrten sah das Rad wie neu aus. Die Box hat wiederum mehr unter dem täglichen Einsatz gelitten. Die Teleskop-Sattelstütze neigt mit hohem Auszug und Gewicht zum Knarzen. Die Kettenschaltung verlangt natürlich nach regelmäßiger Pflege, ist aber günstig zu unterhalten.
Bafang Motoren sind zwar weit verbreitet, aber nicht alle Werkstätten nehmen sich E-Bikes mit diesen Motoren an. Da Super Bicycles zum Testzeitpunkt im Direktvertrieb arbeitet, gibt es auch nur den Draht nach Berlin. Sie bauen aber nach und nach ein Händlernetzwerk auf.
Familienbike Kategorie
Variabilität: 4/5
Das Super Mighty ist eines der variabelsten Long John Lastenräder. Eine flache Ladefläche als Ausgangsbasis ermöglicht eigene Aufbauten und die verfügbare Box lässt sich sehr einfach umbauen und variabel einsetzen. Die 70kg Belastungskapazität sind ebenfalls für die meisten Zwecke ausreichend. Das Zubehör ermöglich noch die Nutzung weiterer Ladeflächen. Die Gesamtlast von 180kg ist zwar nicht viel, das Super Mighty hat aber ein recht geringes Eigengewicht, sodass es etwa 150kg Zuladung möglich sind. Hier wäre eine höhere Freigabe noch ein echter Bonus. Anhänger lassen sich ebenfalls am Rad anbringen, dann muss es jedoch einer mit einer Deichsel sein, die für kleine Laufräder geeignet ist.
Insgesamt bietet das Super Mighty eine sehr flexible Basis, die nur von einer höheren Belastbarkeit profitieren würde.
Sitze/Bank: 4/5
Kinder sitzen im Super Mighty überraschend Komfortabel. Die Box ist zwar kein Raumwunder, mit 50cm Breite ist aber genug Platz und die hohe Rückenlehne ist angenehm. Die magnetischen Schnallen sind sehr einfach in der Bedienung und die Gurte sind angenehm breit. Nur die Weitenverstellung ist etwas frickelig. Die Polsterung ist ebenfalls angenehm und die Bank lässt sich in drei Stufen in der Neigung verstellen, was dann aber auch den Fußraum beeinflusst. Durch die niedrige Kante und die Trittöffnung kommen Kinder auch einfach selbst in die Box hinein.
Zubehör: 4/5
Super Bicycles arbeitet seit der Markteinführung ständig an Verbesserungen und Erweiterungen des Zubehörs. Haken, Werkzeug, Gepäckträger und andere Kleinigkeiten sind schon verfügbar, ein Kinderverdeck folgt im Sommer 2025. Alle Teile machen einen guten Eindruck und sind fair eingepreist.
Parken und Rangieren: 4/5
Dank der geringen Größe und des niedrigen Gewichts lässt sich das Super Mighty leicht rangieren und schieben. Besonders positiv ist uns der Ständer aufgefallen, der sich nicht nur leicht bedienen lässt, sondern auch sehr leise und gedämpft hochklappt. Das ist ungewöhnlich für ein Rad dieser Preisklasse. Am Testrad war die Unterseite des Ständers allerdings aus ungeschütztem Metall, was für einen vorzeitigen Verschleiß sorgen könnte. Die Montage eines Rahmenschlosses ist möglich, dank der recht offenen Rahmenform lassen sich jedoch auch normale Schlösser leicht einsetzen. Einen Parkplatz findet man mit dem Super Mighty fast immer, besonders, wenn keine Box oder breite Ladefläche eingesetzt wird.
Sicherheit: 2/5
Grundsätzlich ist das Super Mighty einfach in der Bedienung und es ist nur wenig Eingewöhnung nötig. Durch den recht hohen Rahmen ist das auf- und absteigen für Manche aber wahrscheinlich nicht ganz so einfach. Die Bremsen greifen kräftig zu, dürften aber stark beladen oder im bergigen Raum schnell an ihre Grenzen stoßen.
Die komplette StVZO Beleuchtung ist vorhanden, mit einem überraschend guten Frontscheinwerfer. Auf Bremslicht, Fernlicht oder zusätzliche Reflektoren wird aber verzichtet.
Für die kleinen Passagiere ist die Box insgesamt angenehm. Die ziemlich schmalen Sperrholzplatten sind im Falle eines Crashs aber wahrscheinlich nicht super stabil.
Gesamtscore: 35/50
Fazit:
Lasst euch von dem einfachen Motor und der Holz-Box nicht täuschen…das ist ein ernstzunehmendes Lastenrad, das sich aber selbst nicht zu ernst nimmt. Die Variabilität sucht seinesgleichen, Motor und Schaltung harmonieren gut, besonders in flacheren Gegenden und das Super Mighty hat einen Coolness-Faktor, der sich schwer greifen, das Rad aber sehr attraktiv werden lässt. Und das Ganze zu einem super Preis!
Das Super Mighty ist ein toller Begleiter mit wenigen Schwächen. Tipp vom Profi: Wenn ihr ein bergtaugliches, motorisiertes Super Mighty sucht…es gibt es auch ohne Motor, an das ihr dann einen Mittelmotor montieren könntet 😉
* Super Bicycles hat mir das Rad zur Verfügung gestellt und bezahlt mich für die Erstellung der Videos. Auf meine Meinungsäußerung, die Gestaltung meiner Videos und die Erstellung dieser Bewertung hat dies keinen Einfluss. Ich bin herstellerneutral.