Yoonit, das junge, hippe Unternehmen mit dem Flamingo-Schwimmring auf der Website macht jetzt ernst. Das Yoonit Pro hat nichts Verspieltes, sondern ist durchoptimiert für Profis und solche, die es werden wollen. Wie es sich im Test schlägt, könnt ihr hier lesen.
Alternativen (alle größer):
Omnium E-Mini-Max – Klassiker aus Dänemark
Hase Gravit City E – Newcomer auf Tandem-Basis
Muli Motor – kompaktes Long John
Hier gehts zur Score-Übersicht.
Und hier zu der Erklärung der Bewertung.
Fahrrad Kategorie
Fahrverhalten: 4/5
Die Besonderheit eines so kompakten und leichten Lastenrads ist die Fahrbarkeit, die sich sehr vertraut anfühlt. Im Vergleich zu einem großen Long-John oder Dreirad gibt es praktisch keine Eingewöhnungszeit. Und dementsprechend flott geht das Yoonit Pro auch um die Ecken, vermittelt aber dank des gut abgestimmten Lenkungsdämpfers eine hohe Stabilität, sodass sich das Rad auch mit schwerer Beladung nicht aufschaukelt. Wichtig für Komfort und Fahrbarkeit ist jedoch ein angepasster Luftdruck, je nach Beladung. Da sowohl Last, als auch Person auf dem Sattel jeweils direkt über den Rädern sind, werden Schläge recht deutlich durchgetragen. Dort verhält sich das Yoonit wie ein sehr steifes reguläres Fahrrad, das aber durch die kleinen Räder nicht so einfach höhere Kantsteine nehmen kann. Wobei dort das kleine 16″ Vorderrad kaum Probleme macht. Nur bei wirklich hohen Kantsteinen oder tiefen Schlaglöchern sind die Nachteile bemerkbar, ansonsten rollt und lenkt es klasse. Die Übersetzung ist so eingestellt, dass auch steilere Anstiege dank des starken Motors entspannt genommen werden können und bei 25km/h die Wahl zwischen einer entspannten und einer eher sportlichen Trittfrequenz besteht. Für Extremsituationen bietet die Nexus 5E allerdings keine Reserven. Die Beschleunigung auf 25km/h ist im Flachen sehr schnell erledigt und der Motor harmoniert insgesamt gut mit der Schaltung, allerdings ist bei dem Cut-Off-Punkt des Motors ein deutliches An-Aus-Ruckeln spürbar. Das bekommen andere Motorenhersteller besser hin. Die Bremsen vermitteln viel Vertrauen und lassen sich leicht bedienen.
Innovation/Design: 3/5
Das Yoonit orientiert sich in dem Gesamtkonzept am Filibus Design und es sind Anleihen anderer Bikes aus dem Compact-Cargo Bereich erkennbar. Die äußerst kompakten Abmaße sind aber ohne Konkurrenz. Durch die „Pro“ Ausstattung bekommt das Yoonit noch eine gehörige Portion Mad-Max-Optik spendiert, was das sehr kompakte Lastenrad deutlich als Arbeitspferd kennzeichnet. Yoonit nehmen das Thema „Professioneller Einsatz“ sehr ernst und haben dem Rad viele sinnvolle Lösungen spendiert, die die unterschiedlichsten Bedürfnisse befriedigen sollten und heben sich auch durch diese klare Ausrichtung von den Mitbewerbern ab. In Sachen Innovation greifen sie jedoch auf Hausmannskost von Shimano zurück. Hier gibt es Möglichkeiten zur Anpassung der Motorsteuerung, aber das verhältnismäßig geschlossene System macht es dem Fuhrparkmanagement nicht leicht.
Ausstattung: 3/5
Die getesteten Yoonit Pro kamen mit einer sinnvoll gewählten Ausstattung. Der Sattel ist bequem, jedoch passt er nicht zu der verhältnismäßig aufrechten Sitzposition. Griffige Plattformpedale sorgen für einen guten Tritt und die Griffe sind unauffällig. Der höhenverstellbare Vorbau wurde für eine höhere Stabilität weggelassen und auch eine Federsattelstütze müsste zusätzlich erworben werden. Riemen, EP8 und Magura Bremsen sind Ausstattungs-Highlights. Der 630Wh große Akku hat in meinem Worst-Case Test (Stop&Go mit Beladung, Boost Modus) für eine Reichweite von gut 35km gesorgt, was für den Kurier-Einsatz zu wenig sein dürfte, um mit einer Akkuladung den Tag zu bestreiten. Hier ist also ein zweiter Akku oder eine kleinere Unterstützungsstufe angeraten. Ich muss aber dazu sagen, dass der Test-Akku erst zwei Ladezyklen hatte. Der Scheinwerfer ist kräftig, aber kommt ohne Fernlicht aus und auch die Rückleuchte bietet kein Bremslicht.
Preis: 3/5
Bei einem Produkt, das sich klar an eine Geschäftlich handelnde Zielgruppe richtet, ist die Einschätzung des Preises nicht vergleichbar mit der privat agierender Personen. Andere Lastenräder, die explizit für den Gewerbeeinsatz gedacht sind, sind in der Regel deutlich teurer, haben dann aber auch größere Ladekapazitäten. Yoonit spielt hier den Vorteil der Nutzung von Standardteilen und hoher Rahmenstückzahlen aus und kann dadurch günstiger anbieten. Wird die Kombination aus Yoonit und Carla Cargo betrachtet, kommt es auf den Preis für ein Schwerlastenrad hinaus. Für den Preis bietet Yoonit eine hohe Variabilität und Ladekapazität an, andere Lastenräder, die sich neben einer privaten Nutzung auch gewerblich nutzen lassen sind aber teils deutlich günstiger bei ähnlicher Leistung.
Qualität & Wartung: 4/5
Beim Yoonit Pro lässt die Verarbeitung und die Qualitätsanmutung nichts zu wünschen übrig. Alle Teile sitzen klapper- und knarzfrei und die Anbauten sind stabil ausgeführt und widerstandsfähig beschichtet. Der Riemen verspricht einen geringen Wartungsaufwand, könnte bei Defekt jedoch zu einer längeren Standzeit führen. Auch alle anderen Teile sind so gewählt, dass möglichst wenig Wartungsaufwand vorhanden ist und Defekten vorgebeugt wird beziehungsweise diese schnell behoben werden können. Für eine Wartung oder Reparatur gibt es viele Yoonit Händler und durch die Wahl der Komponenten und die geringe Größe sind auch Werkstätten in der Lage, die Yoonit Pro Bikes zu warten, die sich nicht auf Lastenräder spezialisiert haben.
Lastenrad Kategorie
Variabilität: 4/5
Auf knapp über 1,77m Länge lässt sich doch kaum etwas transportieren? Denkste! Der große Euro Carrier nimmt fast die Halbe Länge des Bikes ein. Durch schlaues Packaging nutzt Yoonit die Gesamtlänge fast perfekt aus. Nur der Bereich unter der Ladefläche zwischen Vorderrad und Cockpit ist ungenutzt. Besonders durch die Kombination mit einem Anhänger gibt es viele Transportmöglichkeiten. Allerdings sind gerade für den Transport von Waren die Grenzen der geschlossenen Box vom Bike an sich schnell erreicht. Es ist zwar nicht vorgesehen die Ladeflächen zu tauschen, aber selbst das wäre in einer überschaubaren Zeit möglich, um zum Beispiel von einer geschlossenen Box auf eine Flache Ladefläche zu wechseln. Das Pro Rack bietet dann auch noch Möglichkeiten für eine Erhöhung der Variabilität. Auch die vielen Verzurrösen machen den Transport verschiedenster Dinge einfach. Nur das geringe Gesamtgewicht von 190kg könnte für einige Einsatzzwecke, besonders bei schweren Personen auf dem Sattel, zu wenig sein.
Kindersitze/ Bank: n/a
Das Yoonit Pro ist ein reiner Lastentransporter.
Zubehör: 4/5
Die Konfigurationsmöglichkeiten bei den Yoonit Pro Bikes sind umfassend und es kommen im Laufe der Zeit noch weitere Möglichkeiten dazu, das Bike auf die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Taschen oder Netze für den schnellen Zugriff vom Cockpit und Möglichkeiten, den Platz unter der Ladefläche zu nutzen würden das Bild noch abrunden.
Parken und Rangieren: 4/5
Durch die geringe Größe und Gewicht sind die Yoonit Pro Bikes selbst mit Beladung einfach im Handling. Mit dem neuen Ständer lassen sie sich leicht aufstellen und vom Ständer nehmen und das Navigieren in kleine Lücken gelingt ohne Probleme. Es muss aber dennoch ein bisschen aufgepasst werden, wenn das beladene Rad sich zur Seite neigt. Durch den, im Vergleich zum Long-John, hohen Schwerpunkt ist es dann nicht leicht, aufrecht zu halten. Das Anschließen gelingt durch diverse zugängliche Rahmenteile ebenfalls gut, ein Speichenschloss gibt es aber nut in Verbindung mit dem Pro Rack.
Sicherheit: 4/5
Beim Fahren gibt sich das Yoonit neutral und sicher und neigt durch den effektiven Lenkungsdämpfer nicht zum flattern. Die Magura Bremsen haben eine gute Bremskraft, die durch den kurzen Radstand aber nicht ganz so effektiv auf die Straße gebracht werden kann, wie bei einem längeren Rad. Modulation und Zuverlässigkeit sind aber top!
Die Beleuchtung ist grundsätzlich gut, der Scheinwerfer hat ein angenehmes Leuchtbild und die Rückleuchte ist hell, aber auf Fernlicht und Bremslicht muss das Yoonit Pro verzichten. Bei den Reflektoren bietet es alles, was vom Gesetzgeber gefordert wird, die Auslegung böte aber noch Potential.
Das Transportgut lässt sich dank verschiedener Ösen leicht und flexibel sichern.
Gesamtscore: 33/45**
Fazit:
Wenn ein Fahrrad professionelle Transportaufgaben erledigen soll, denken viele zuerst entweder an schwere, große Lastenräder oder tollkühne Radkurier:innen auf leichten Fixed-Gear-Bikes. Das Yoonit ist genau dazwischen. Leicht und klein genug, um in engen Räumen zu agieren und dennoch mit großer Kapazität ausgestattet, um auch schwerere, sperrigere Gegenstände zu transportieren. Allerdings kommt es natürlich auch schnell an eine Grenze, ab der ein Anhänger oder ein größeres Rad genutzt werden muss. Wenn das Volumen und Gewicht des Transportgutes nicht starken Schwankungen unterliegt oder ein fähiges Transportrad gesucht wird, das auch den Alltag gut bestreiten kann, dann ist das Yoonit Pro definitiv einen Blick wert.
* Yoonit hat Matthias und mir das Rad zur Verfügung gestellt und das Video unterstützt. Auf unsere Meinungsäußerung, die Gestaltung der Videos und die Erstellung dieser Bewertung hat dies keinen Einfluss. Wir sind herstellerneutral.
** Durch den Fokus auf